Zeitzeugen

 

„Kaum zu glauben, was auf so einen kleinen Chip passt!“

Mit vor Begeisterung glänzenden Augen hält mein Kollege Tim ein winziges plattes Metall-Teil in die Luft, fest zwischen Daumen und Zeigefinger gepresst.

„Früher gab es CDs, davor Disketten. Die allerersten müssen ziemlich groß und wabbelig gewesen sein, hatten kaum Speicherplatz.“

Mit leicht angewiderter Miene schüttelt er den Kopf, als handle es sich bei einer Diskette um ein Relikt aus der Steinzeit. Tim ist sechsundzwanzig.

„Kennst du noch Kassetten?“, frage ich. „Schallplatten, LPs, Singles, Maxis? Für jede gab es eine eigene Abspielgeschwindigkeit“, kläre ich ihn auf. „Und über einen Plattenwechsler konnten mehrere Platten übereinander gelegt und nacheinander ohne Unterbrechung abgespielt werden. Ähnlich wie beim MP3-Player heute“, füge ich hinzu.

„Hm“, meint er nur.

„Was ist mit Tonbändern?“, frage ich weiter, merke, ich komme immer mehr in Fahrt. „Mit Tonbändern konnte man nicht nur Musik hören, sondern auch aufnehmen“, und schlagartig erinnere ich mich an die Hitparade, Dieter Thomas Heck, Disco mit Ilja Richter, ‚Ein Bett im Kornfeld‘, hole schon Luft, da blicke ich in das jugendliche, faltenlose Gesicht mir gegenüber. Noch immer hält er das kleine platte Metall-Ding zwischen den Fingern.

„Alles nicht vergleichbar mit so einem Chip“, runde ich unser Gespräch ab. Er nickt und gemeinsam tauchen wir wieder ein in die Gegenwart hinter unsere Computer-Bildschirme.

 

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